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Futtermittelallergien – auch bei Hunden immer mehr im Kommen

Manche Hunde vertragen buchstäblich alles. Egal, ob sie Nachbars Mülltonne leeren, beim Spaziergang gammligen Fisch fressen oder das gute Nassfutter vom Discounter nebenan, das seine „Fleischfarbe“ vor allem dem zweiten Wortteil verdankt: Farbe. So einen Hund wünscht sich wohl jeder (weniger den, der unterwegs gammligen Fisch frisst sondern eher den, der einfach alles gut verträgt 😉). Man kauft einfach irgendein Futter, tischt es dem Vierbeiner auf und erhält dafür ein gesundes Tier mit glänzendem Fell und wachem Blick.

So weit die Theorie.

Leider sieht es in der Praxis oft anders aus. Immer mehr Hunde, egal ob Rassehunde oder Mischlinge, leiden unter Futtermittelallergien. Dabei sind es oft nicht mal einzelne Allergene, die den Tieren zu schaffen machen, sondern ganze Gruppen.


Verantwortlich für Allergien dieser Art sind in fast allen Fälle Eiweiße. Die Bezeichnung Eiweiß ist natürlich etwas irreführend, denn damit ist nicht das Weiße im Ei, also das Eiklar, gemeint, sondern Proteine, umgangssprachlich auch Eiweiß genannt. Proteine kommen nicht nur in tierischen Nahrungsmitteln wie Fleisch oder Eiern vor, sondern auch in pflanzlichen. Man denke hier nur an Sojabohnen, die zum Großteil aus Proteinen bestehen.

Proteine sind auch der Grund, warum Hunde nicht nur gegen – mal als Beispiel genannt – Rindfleisch allergisch werden können sondern eben auch gegen Getreide, denn das enthält eben auch Proteine, die in diesem Fall dann als so genanntes Allergen wirken. „Allergen“ ist dabei nichts anderes als die Bezeichnung dafür, dass dieser Stoff bei diesem Hund die Wirkung eines Allergieauslösers hat. Getreide (oder genauer gesagt ein oder mehrere Proteine, die im Getreide enthalten sind) wirkt für diesen Hund als Allergen.
Wie geht man nun vor, wenn man feststellt oder vermutet, dass der eigene Hund eine Futtermittelallergie hat oder haben könnte?

Allergietests oder Eliminationsdiät

Man sollte natürlich als erstes herausfinden, wogegen das Tier allergisch ist. Dazu hat man prinzipiell drei Möglichkeiten:

1. Der Serumallergietest

Beim Serumallergietest wird im Serum (=Blut ohne fest Blutbestandteile wie rote oder weiße Blutkörperchen) der Gehalt an Antikörpern vom Typ IgE gemessen. IgE-Antikörper sind diejenigen, welche bei Allergien vermehrt ausgeschüttet werden. Leider weiß man damit allerdings noch nicht, wogegen genau das Tier allergisch ist. Das herauszufinden ist mit einem Serumallergietest schwierig und aufwändig. Deshalb nutzt man meist folgende Methode:

 

2. Der Intrakutantest:

Dieser funktioniert ähnlich wie der sogenannte Prick-Test beim Menschen. Dem Tier werden Allergene in kleinen Mengen verabreicht, indem man sie mit einer Spritze intrakutan, also in die Haut spritzt. Das gibt dann eine kleine Erhebung, die sogenannte Quaddel. Dann wird gewartet, ob sich an einer oder mehreren dieser Quaddeln Allergiezeichen (Rötung, Jucken, Schwellung, Nässen oder Kombinationen daraus) zeigen. Da man vorher genau notiert hat, welche Quaddel welches Allergen enthält kann man genau bestimmen, wogegen der Hund allergisch ist.

 

3. Eliminationsdiät

Eine oft verwendete aber sehr langwierige Vorgehensweise ist die Eliminationsdiät. Vorteil ist, dass der Besitzer sie selbst durchführen kann und das Tier nicht rasiert und auch nicht „gepiekst“ werden muss. Nachteilig ist, dass es lange dauert, bis man endlich herausgefunden hat, welche Stoffe die Allergie auslösen. Außerdem sind viele Besitzer mit dem Vorgehen überfordert, denn man darf sich keinen Fehler erlauben. Dabei ist eine Eliminationsdiät eigentlich relativ einfach durchzuführen:

Bei der Eliminationsdiät werden aus dem Futter des Hundes nach und nach potenzielle Allergene eliminiert (daher der Name). Das heißt, man lässt sie weg.

Hundefutter - nicht alle sind gesund

Futter ist nicht gleich Futter – was tun bei Futtermittelallergien?

Ein Beispiel:
Bisher hat das Tier ein Trockenfutter bekommen, in dem „alles irgendwie“ drin war und hat nun eine Futtermittelallergie mit den typischen Symptomen entwickelt. Als erstes füttert man ein Futter, das kein Getreide enthält. Zweitrangig ist hierbei, ob man lieber ein Nassfutter für Hunde oder lieber Trockenfutter füttert. Wichtig ist, dass das neue Futter überhaupt gefressen wird, denn manche Tiere sind ja doch recht wählerisch was Futterwechsel angeht.

Nun füttert man das Futter – und NUR das, keine Ausnahmen, keine Kekse (in denen dann doch wieder Getreide wäre), keine Leckerchen von Omi, die es gut meint aber den Test damit zu Nichte macht. Also man füttert das Futter mehrere Wochen und probiert damit aus, ob die Allergieanzeichen verschwinden. Je nachdem, was an Symptomen vorher vorhanden war dauert das mehr oder weniger lang.

Hat man das Allergen „erwischt“, also weg gelassen, müsste es dem Hund nach und nach besser gehen und man ist am Ziel. Man weiß, wogegen der Hund allergisch ist und kann diesen Stoff oder diese Stoffe in Zukunft meiden.

Klingt eigentlich komplizierter als es ist, denn dank unserer modernen Gesellschaft haben sich in den letzten Jahren einige Futtermittel oder Zusatzstoffe herauskristallisiert, die als Allergene häufiger in Erscheinung treten als andere. Getreide wie in oben genanntem Beispiel, ist eines davon. Deshalb lässt man bei Tieren, die bisher Getreide bekommen haben, dieses meist als erstes weg.
Dass Getreide häufig Futtermittelallergien bei Hunde auslöst wird glücklicherweise auch von Futtermittel-Herstellern berücksichtigt. Musste man früher noch mühsam selbst kochen, kann man heute für seinen allergischen Hund so gut wie alles kaufen, sei es gesundes Hundetrockenfutter, Nassfutter oder auch fertig zusammengestellte BARF-Portionen.

Komplizierter wird es, wenn das Tier auf mehrere Sachen gleichzeitig allergisch ist, beispielsweise auf Getreide UND Rindfleisch. Getreide haben wir in unserem Beispiel eben weg gelassen, die Symptome sind aber NICHT besser geworden. Könnte nun daran liegen, dass Getreide nicht das gesuchte Allergen war, oder dass der Hund zwar gegen Getreide allergisch ist, ein zweites Allergen aber weiterhin Allergiesymptome verursacht.

Deshalb geht man im zweiten Schritt nun so vor, dass man zusätzlich zum ersten Inhaltsstoff (im Beispiel war das Getreide) einen zweiten weg lässt oder austauscht. Da bei den meisten Futtern wenn man Getreide weg gelassen hat außer Fleisch nicht mehr viel da ist tauscht man nun das Rindfleisch gegen eines mit weniger Allergiepotenzial aus. Geeignet sind hier Fleischsorten, mit denen das Tier mit hoher Wahrscheinlichkeit bisher keinen Kontakt hatte (Allergien können nämlich – von Ausnahmen wie Kreuzreaktionen abgesehen – nur entstehen, wenn bereits Kontakt zum Allergen bestanden hat). Nehmen wir also eine weniger häufig vorkommende Proteinquelle wie beispielsweise ein Futter mit Känguruhfleisch (und natürlich wie bereits weiter oben betont weiterhin ohne Getreide). Wieder einige Wochen füttern und beobachten, ob die Allergieproblematik verschwindet oder zumindest besser wird.

So verfährt man weiter bis man die Allergene gefunden bzw. eliminiert hat. So steht der gesunden Fütterung des Vierbeiners nichts mehr im Wege.

Allergien sind letztendlich auch der Grund, warum im Handel immer exotischer anmutende Futter-Zusammenstellungen erscheinen. Manch einer hat sicher schon die Augen verdreht über Mischungen wie „Strauß mit Süßkartoffel“ oder „Lachs mit Tapioka“ – hinter all dem stecken allerdings nicht, wie oft vermutet, neureiche Hundebesitzer, denen normales Hundefutter für das verzogene Schnuffi nicht mehr gut genug ist, sondern verzweifelte Menschen mit oft schwerkranken Tieren.

„Allergie, das ist doch nur ein bisschen Heuschnupfen…“

Für alle interesshierten hier noch einige Informationen zum Thema Allergien:

Leider haben Allergien im Kopf vieler Menschen nach wie vor den Ruf einer eher eingebildeten Krankheit. Da hört man schon mal Dinge wie „da darf man sich einfach nicht so anstellen“ oder „so schlimm wird das schon nicht sein“. Doch, genau so schlimm ist es und es kann sogar noch schlimmer kommen. Allergien können bis zum sogenannten „anaphylaktischen Schock“ führen, und dieser endet meist tödlich (zumindest wenn man beim Auftreten eines solchen niemanden in unmittelbarer Nähe hat, der genau weiß, was zu tun ist).

Generell gibt es vier Arten von allergischen Reaktionen, nämlich die Reaktion vom Typ I bis IV.

  1. Die Allergiereaktion vom Typ I oder die „Sofortreaktion“
    Die meisten typischen Allergien gehören zu diesem Typ, auch der oben zitierte Heuschnupfen. Dabei werden Antikörper (IgE-Antikörper), die auf bestimmten Zellen (sogen. Mastzellen) fixiert sind, vom Allergen „gereizt“. Das heißt, sie haben die passenden Bindungsstellen, in die das Allergen passt. Man kann sich das wie ein Schloss vorstellen, das auf der Zelle sitzt. Kommt nun das Allergen, der Schlüssel, wird das Schloss aktiviert. Diese Aktivierung sorgt widerum dafür, dass Zellen (Mastzellen und basophile Granulozyten Stoffe) ausschütten, die die Allergiesymptome auslösen (Histamin, Prostaglandine, Leukotriene). Die ausgeschütteten Stoffe lösen Allergiesymptome wie Juckreiz, Schwellung und Rötung aus, können aber sehr wohl auch noch ernsthaftere Reaktionen wie Asthma oder auch oben erwähnten anaphylaktischen Schock bewirken.
  2. Die Allergiereaktion vom Typ II oder die „Reaktion vom zytotoxischen Typ“
    Bei diesem Typ bilden sich binnen Stunden oder Tagen Immunkomplexe aus im Blut schwimmenden Antikörpern und dem Allergen. In diesem Fall sind die Antikörper aber nicht vom Typ IgE (die ja, wie wir oben schon festgestellt haben, fast ausschließlich auf Zellen sitzen), sondern IgM und IgG (der Haupt-Unterschied ist bei diesen die Form und die Anzahl der Bindungsstellen, das muss uns aber an dieser Stelle nicht interessieren). Diese Antikörper, IgM und IgG, schwimmen also im Blut und binden an das Allergen, das sich in diesem Fall ebenfalls im Blut befinden muss. An dieser Stelle sehen wir schon, dass diese Art der Allergiereaktion nicht für Futtermittelallergien taugt, denn das Futter befindet sich ja im Verdauungstrakt und nicht im Blut (zumindest nicht, bevor es nicht verdaut wurde, aber so genau wollen wir es an dieser Stelle nicht nehmen). Allergiereaktionen vom zytotoxischen Typ sind also folgerichtig Allergien, die sich gegen Bestandteile richten, die direkt im Blut landen, beispielsweise das Fremdblut bei Transfusionen oder auch bestimmte Medikamente.Die IgM- und IgG-Antikörper aktivieren, nachdem das Allergen „angedockt“ hat (wir erinnern uns an die Sache mit dem Schlüssel und dem Schloss von oben, das Prinzip ist hier das Gleiche), das sogenannte Komplementsystem und außerdem zytotoxische Killerzellen, die der Reaktion ihren Namen verliehen haben. Diese beiden Komponenten sorgen nun für die Lyse, also das Auflösen von körpereigenen Zellen. Dass das nicht ohne Folgen für den Organismus bleibt dürfte sich von selbst verstehen.
  3. Die Allergiereaktion vom Typ III oder die „Reaktion vom Immunkomplex-Typ“
    Bei dieser Reaktion bilden sich innerhalb von 6-8 Stunden Immunkomplexe (daher der Name Bratkartoffel ;-)) aus Antikörpern vom Typ IgG (die kennen wir schon vom Typ II) und dem Antigen (das ist eine andere Bezeichnung für den allergieauslösende Stoff). Unglücklicherweise neigen diese Immunkomplexe dazu, sich an Geweben anzulagern. Wird nun, wie bei Typ II schon erklärt, das  Komplementsystem aktiviert, sorgt dieses dafür, dass Leukozyten, also weiße Blutkörperchen, die Immunkomplexe (also unsere Kombi-Teilchen aus Allergen und IgG) auffressen. Das schicke Wort für Auffressen hierbei ist Phagozytose. Die Leukozyten, frisch gesättigt und fett gefuttert mit Immunkomplexen, schütten zytotoxische Enzyme aus, die wie der Name schon sagt zytotoxisch, also, direkt übersetzt „zellgiftig“ sind. Die Schädigung von Zellen ist die Aufgabe dieser Enzyme. Leider sind die Immunkomplexe aber an Zellen, die eigentlich gar nicht geschädigt werden sollen, angelagert. Hierbei entstehen also beispielsweise (je nachdem, wo die Anlagerung der Immunkomplexe stattgefunden hat), Schäden in Gefäßen oder in Gelenken etc.
  4. Die Allergiereaktion vom Typ IV oder die Reaktion vom Spättyp bzw. die verzögerte Reaktion
    Die Reaktion bei diesem Allergie-Typen dauert Stunden bis Tage. In diesem Fall sind keine Antikörper beteiligt, die Reaktion geht direkt von sogenannten T-Lypmphozyten, wichtigen Zellen des Immunsystems, aus. Diese schütten Lymphokine aus, die dazu dienen, immer mehr Leukozyten ins Gebiet des Geschehens, also zum Allergen, zu locken. Dadurch entsteht direkt vor Ort, wo das Allergen sitzt, eine Entzündung. Diese Art der Allergie ist also für örtliche Allergien „zuständig“ wie beispielsweise Kontaktallergien (vielleicht hat der/die ein oder andere Leser:in eine Nickelallergie und verträgt keinen nickelhaltigen Schmuck).

Wer jetzt genau gelesen hat stellt fest: eine Futtermittel-Allergie kann nur eine Allergie vom Typ I sein.